Organisationsstrukturen und -prozesse in Zentralen Unterbringungseinrichtungen für Geflüchtete (OZU)

In Nordrhein-Westfalen werden Geflüchtete nach ihrem Aufenthalt in einer Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) in einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) untergebracht. Diese und ähnliche Formen der Unterbringung stehen massiv in der Kritik. Die Bedingungen für die Geflüchteten seien kaum zumutbar, die Aufenthaltsdauer zu lang. Insgesamt seien ZUEn der Integration abträglich.1

Es stellt sich die Frage: Sind die Missstände in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUEn) für Geflüchtete (auch) auf schlechtes Management zurückzuführen? Es könnte sein, dass die Dienstleister, die die Einrichtungen betreiben, nicht gut arbeiten; es könnte aber auch sein, dass die zuständigen staatlichen Stellen die Dienstleister nicht richtig auswählen, evaluieren, kontrollieren etc. In den Wirtschaftswissenschaften würde man ein schlechtes Management auf mangelhafte Kontrollsysteme und Fehler in der Kontrolle der Kontrolleure zurückführen. Wirtschaftswissenschaftler nehmen im Allgemeinen an, dass alle Menschen egoistisch sind und versuchen, den eigenen Nutzen auch zu Lasten anderer zu maximieren. Man muss daher aus dieser Sicht immer die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass ein Auftragnehmer die Leistung nicht wie vereinbart erbringt, sondern Kosten einzusparen und sich Kontrollen zu entziehen versucht. Gerade wenn schlechte Qualität schwer erkennbar ist und Informations-, Kontroll- und Anreizsysteme fehlen oder versagen, dann setzen sich die schlechten Anbieter wegen ihrer niedrigeren Preise am Markt durch. Insbesondere gewinnorientierte Unternehmen sollten besonders starke Anreize haben, Kosten zu senken (und ggf. schlechtere Leistungen zu erbingen). Empirisch ist hierzu, bezogen auf die ZUEn, aber kaum etwas bekannt.

Wenn man die Frage bewortworten will, ob die Art und Weise des Managements der ZUEn die Qualität insb. für die Bewohner:innen der ZUEn beeinflusst, setzt dies Wissen über die Organisationsstrukturen und -prozesse der ZUEn voraus. Darum geht es in diesem Forschungsprojekt.

Forschungsfragen

Es sollen u.a. folgende Fragen beantwortet werden:

  • Wie erfolgt die Auftragsvergabe? Wie interagieren Auftraggeber und -nehmer?
  • Welche Dienstleister und welche Personengruppen sind in den ZUEn tätig?
  • Wie sieht die Arbeitsteilung innerhalb der ZUEn aus?
  • Wie interagieren Dienstleister, Auftraggeber und ehrenamtlich Tätige?
  • Wie erfolgen Kontrollen der Erbringung der vereinbarten Tätigkeiten?
  • Wie interagieren Dienstleister, Auftraggeber, ehrenamtlich Tätige mit politischen Akteuren und der Öffentlichkeit?

Methodik

  • Expert:inneninterviews
  • Analysen von Geschäftsberichten der Dienstleister
  • Dokumentenanalysen (auch zur Frage der Kontrolle)
  • Medienberichte zu den Zuständen in Unterbringungseinrichtungen
  • Literaturanalysen von Studien über die Folgen der Privatisierung von Geflüchtetenbetreuung

Stand des Projekts / Veröffentlichungen

  • Nienhüser, Werner 2022: „Kontrolle ist besser....“–wie werden die Dienstleister für die Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUEn) für Geflüchtete kontrolliert? Working paper. Essen. Download hier und hier: 10.5281/zenodo.10718513
  • Nienhüser, Werner 2019: Wie man mit der Not von Menschen Geld verdient – Der Fall „European Homecare“. Working Paper. Essen. Download hier

Eine finanzielle Förderung des Projektes (Drittmittelförderung) wurde nicht beantragt.

 

1 Siehe dazu u.a. Nienhüser 2022.

Page last modified on March 10, 2025, at 10:29 AM
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